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Gekürzte Fassung des Rundschreibens vom Dezember 2013

Themenübersicht


Liebe Ballettfreunde,

man glaubt es kaum, aber Weihnachten steht schon wieder vor der Tür und unser Rundschreiben ist fällig.

Es war ein fantastisches Jahr, das 40-jährige Jubiläum von John Neumeier haben wir ausgiebig gefeiert und so manchen Höhepunkt erlebt.

Als Zeichen unserer Verbundenheit und Wertschätzung der Arbeit von John Neumeier habe ich am 21. November im Bibliotheksraum seiner Stiftung im Namen des Vereins 10.000 Euro an ihn übergeben.

Zur Premiere der zweiten Generation des BUNDESJUGENDBALLETT im Ernst Deutsch Theater habe ich zum Einstand für die neuen Tänzer 1.000 Euro im Namen der Ballettfreunde überreicht. Das Geld wurde mit großer Freude angenommen, da es ja immer da und dort gebraucht wird. Es ist schön zu sehen, was diese jungen Talente auf die Bühne bringen. Von Klassisch bis Modern beherrschen sie einfach alles und bringen es mit jugendlichem, unverbrauchtem Elan auf die Bühne.

Auch im Ballettzentrum tut sich vieles unter der neuen Leitung von Gigi Hyatt. Wie jedes Jahr erfreuten wir uns bei der Nikolausfeier an den jungen Tänzern und Tänzerinnen. Man sieht die Begeisterung und die harte Arbeit. So bitte ich Sie, wie jedes Jahr, Ihre Herzen und den Geldbeutel zu öffnen, um den begabten Schülern, die sich die Ausbildung nicht leisten können, zu helfen. Das Resultat ihrer Leistung ist unsere Belohnung.

Unser Vereinsjahr ließen wir mit dem traditionellen Punschabend ausklingen. Die Stimmung war fröhlich und ausgelassen. Wir ließen es uns gut gehen bei weihnachtlichen Geschichten, Gebäck und heißem Punsch. Von Frau Dreher gab es eine besondere Überraschung. Sie zeigte ihre Foto-Diashow unserer Bratislava-Ballett-Reise, und so konnten wir im Geiste diese ereignisreiche Fahrt noch einmal erleben.

Zu guter Letzt wurden wir durch eine wunderbar stimmungsvolle Aufführung des Weihnachts-oratoriums auf die kommenden Feiertage eingestimmt.

Über die Ballett-Werkstatt, die Nikolausfeier im Ballettzentrum und das „Weihnachtsoratorium I-VI“ berichtet Frau Fischer in diesem Rundschreiben ausführlich.

So wünsche ich Ihnen im Namen des gesamten Vorstands friedvolle besinnliche Tage und alles Gute, vor allem Gesundheit, für das neue Jahr.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Marjetta Schmitz-Esser

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202. Ballett-Werkstatt am 1. Dezember

Nein, nicht mit Worten, sondern mit Tanz begann die Benefiz-Ballett-Werkstatt an jenem Sonntag in der Oper: „Nichts hat etwas zu sagen, wenn es Tanz nicht gibt!“ So erklärte John Neumeier die Abweichung vom seit Jahrzehnten gewohnten gesprochenen Anfang.

Eine Woche vor der Uraufführung behandelte die Werkstatt natürlich das „Weihnachtsoratorium I-VI“. Nie zuvor habe er ein Werk als abgeschlossen betrachtet, um es dann, „sechs Jahre später, wieder aufzumachen, reinzuschauen und es zu erweitern“, wie der Choreograf sein besonderes Verhältnis zur aktuellen Kreation beschreibt. Mit Staunen erinnert sich John Neumeier aus heutiger Sicht, dass eine tänzerische Umsetzung des gesamten musikalischen Werks, also aller sechs Kantaten von Johann Sebastian Bach, seinerzeit gar nicht zur Diskussion stand, es ging lediglich darum, die Auswahl zu treffen. Im Rückblick schmunzelt er, denn inzwischen erscheint es ihm wie eine logische Fortführung, nach den drei ersten Teilen 2007 nun auch die Teile vier bis sechs zu choreografieren. Letzten Endes ist es die Musik, die ihn BEWEGT…

Der Weg zum jüngsten Werk stellt sich für seinen Schöpfer als „abenteuerliche Reise zum Oratorium“ dar, von dem übrigens eine „mystische Verbindung zur ‚Matthäus-Passion‘ besteht“, so Neumeier Außerdem haben beide etwas sehr Konkretes gemeinsam: Das weiße Hemd! Es ist ein Frackhemd, das mit seinem versteiften Stoff im Brustbereich und der besonderen Länge in allen sakralen Werken John Neumeiers vorkommt – als Christussymbol. Doch ist dieses Wissen nicht wirklich entscheidend beim Verständnis, so wie es auch noch nicht einmal notwendig sei, dass die Zuschauer dem Christentum angehörten, denn im Zentrum stehen „humane Werte, eine rein menschliche Ebene mit Körper- und Bewegungssymbolen, die für jeden verständlich sind“, da ist sich John Neumeier sicher.

Im Grunde sind es drei Quellen, aus denen der Tanz erwächst: Der Text der Kantaten, die Kompositionen Bachs und die biblische Geschichte, die aber nicht als Nacherzählung im Ballett auftaucht. Auf Seiten des Publikums wird im Idealfall eine Art Meditation ausgelöst, und dieser Zustand bringt den Betrachter näher an das, woran er im Leben glaubt – jenseits jeglicher Religionszugehörigkeit. Selten beschrieb John Neumeier eine Phase des Choreografierens derart sinnlich: „Meine Aufregung multipliziert mich. Wenn die Emotion so groß ist, dass ich das nicht mehr füllen kann, dann werde ich mehrere Menschen …“ Auf diese Weise verkörpern die Tänzer optisch die Emotion der Musik, sie werden zu personifizierten Gefühlen.

Das 2007 entstandene „Weihnachtsoratorium“ war ja ein in sich geschlossenes Ganzes; nun war es erforderlich, diese sogenannte erste Hälfte zu verändern, „damit neue Teile dazu passen“. Zwischen Teil drei und vier muss eine Verbindung geschaffen werden – selbst wenn genau dort die Pause des Abends liegt.

In Teil vier geht es thematisch um die Beschneidung des neugeborenen jüdischen Jungen – kein typisches Tanz- bzw. Bühnenthema. John Neumeier wendet es ins Abstrakte: Das erste Blut, das dieses Baby verliert, verweist auf das Blut des erwachsenen Mannes, das dieser als Erlöser vergießen wird – zwei blutrote Stoffstreifen heben sich plötzlich vom reinen Weiß des (Frack)Hemdes ab.

Im Mittelpunkt des fünften Abschnitts steht jener Stern, der den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zum Kind im Stall zeigt. Der Choreograf erinnert sich an einen Brauch aus seiner Kindheit, der vermutlich aus dem katholischen Polen und damit der kulturellen Heimat seiner Mutter stammt: „Die drei Weisen und ihre Kamele als Krippenfiguren begannen bei uns zu Hause ihre Reise in verschiedenen Zimmern, man musste sie täglich weiter rücken, damit sie am 6. Januar endlich an der Krippe ankommen.“

Weitaus mehr als eine Krippen- oder Randfigur wird Josef im getanzten Weihnachtsoratorium sein, „einen guten Platz“ soll er bekommen, beschützt er doch die Schwangere sowie wenig später die Mutter samt Kleinkind, obwohl er die rätselhaften Dinge vermutlich nicht versteht, die um seine Frau herum geschehen. Er glaubt Maria einfach, „er ist der erste glaubende Mensch“, beschreibt ihn John Neumeier.

[Dagmar Ellen Fischer]


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„Weihnachtsoratorium I-VI“

Wie kann es auch anders sein: Der neue, zweite Teil des Weihnachtsoratoriums ist schlüssige Fortsetzung und Steigerung der ersten Hälfte aus dem Jahr 2007 – die ja keine Hälfte war, sondern ein in sich geschlossenes (und damals fertiges) Ballett. Doch nun, in Kenntnis des großen Ganzen, erlaubt das „Weihnachtsoratorium I-VI“ als ein sehr rundes Werk, ein organisches Gebilde den vollen Genuss.

Mit Pauken und Trompeten eröffnet das bekannte „Jauchzet, frohlocket“; und dieses Chorwerk lässt John Neumeier als Finale wiederholen: Die Freude über die Geburt von Jesus Christus ist Thema und Anlass der Komposition von Johann Sebastian Bach und gibt somit die grundlegende Stimmung vor.

Einige Charaktere treffen wir erneut: „ein Mann“, verkörpert von Lloyd Riggins, führt als namenloser frierender Außenseiter in Mantel und Mütze durch die dreistündige Reise, ist Initiator und Kommentator zugleich – und einer von uns, der mit heutigen Augen auf die Geschehnisse von damals schaut und sie begreifbar macht. Eine ängstliche Anna Laudere und ihr starker Beschützer Edvin Revazov verkörpern das Paar auf der Flucht vor Herodes, der bekanntlich sämtliche Neugeborenen töten ließ; seine Figur ist neu im zweiten Teil, getanzt von Dario Franconi in herrischen Paartanz-Schritten ohne Partner(in). Ebenfalls neu eingeführt werden die drei Weisen in exotischen Kostümen und vor kosmischer Kulisse, als homogene Dreiergruppe und dennoch individuell dargestellt von Marc Jubete, Sasha Riva und Thomas Stuhrmann – letzterer mit dunkler Sonnenbrille anstatt von dunkler Haut. Die vielschichtige Gefühlswelt zu transportieren ist indes Aufgabe der großen Gruppe weiterer Solisten und Tänzer, sie vermitteln Angst und Not der Fliehenden, aber auch Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Ein Werk des Teufels nannten skeptische Zeitgenossen J. S. Bachs Weihnachtsoratorium, klang doch die neumodische Kirchenmusik anno 1734 „gar so weltlich und lustig, daß sie besser auf einem Tanzboden oder in einer Oper aufgehoben wäre.“ Wie recht sie hatten: 279 Jahre später ist sie genau dort angekommen.

[Dagmar Ellen Fischer]


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Nikolausfeier im Ballettzentrum

Es war der Tag, an dem der große Sturm über Norddeutschland hinweg fegte – von dem aber mitten in der Stadt glücklicherweise nicht wirklich Bedrohliches zu spüren war. Dennoch hatten die beunruhigenden Nachrichten viele Ballettfreunde von einer Fahrt ins Ballettzentrum abgehalten: Um 18 Uhr fanden sich weniger Zuschauer als sonst üblich zur traditionellen Nikolausfeier ein. Doch zusammen mit den Ballettfreunden aus Lübeck und nicht beteiligten Ballettschülern des Hauses, Tänzern und Pädagogen ergab sich eine ansehnliche Zuschauermenge im Petipa-Saal.

Gigi Hyatt, die seit dieser Spielzeit die pädagogische Leitung und stellvertretende Direktion der Ballettschule des Hamburg Ballett übernommen hat, begrüßte das Publikum und nahm charmant auf ihre Vorgängerin Bezug: Marianne Kruuse habe große Fußstapfen hinterlassen, in die sie als Nachfolgerin versuchen werde, hinein zu passen. Dann stand „Der Karneval der Tiere“ auf dem Programm, eine Choreografie von Demis Volpi, der sie 2010 als Auftragswerk für die Stuttgarter John Cranko Schule schuf. Schon 2012 zeigten Hamburger Ballettschüler sie in einer „Erste Schritte“-Vorstellung, und nun übernimmt die nächste Besetzung angehender Tänzer. Unter ihnen auch sechs Stipendiaten der Ballettfreunde Hamburg: Giorgia Giani, Jaume Costa, Leeroy Boone, Anastasiya Didenko, Airi Igarashi und Chloe Piozzi.

Eine wunderbare Einführung ins eigene Werk gab dann Demis Volpi, der überraschenderweise anwesend war. Seine Erläuterungen zur Komposition von Camille Saint-Saëns ermöglichten eine sensible Wahrnehmung der im Folgenden zu hörenden Musik. Die jüngeren und älteren Ballettschüler bewältigten die Anforderungen an die unterschiedlichsten tierischen Rollen und Bewegungsqualitäten bestens; an den Löwen, die sechs schlüpfenden Küken und die „Persönlichkeit mit langen Ohren“, also jenen Esel, der vom Komponisten als musikalische Karikatur auf damalige Dirigenten-Kollegen gemeint war.

Abschließend bedankte sich Marjetta Schmitz-Esser herzlich für die Gastfreundschaft der Ballettschule des Hamburg Ballett und den wunderbaren Einblick in die Arbeit.

[Dagmar Ellen Fischer]


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Kurznachrichten

Unter dem Titel »BEWEGT!« bringt die zweite Generation des BUNDESJUGENDBALLETT zusammen mit über 350 Schülerinnen und Schülern der Katholischen Schulen Hamburgs einen abendfüllenden Tanzabend auf die Bühne der Kampnagelhalle K 6. Choreografien von John Neumeier, Patrick Eberts und Kristofer Weinstein-Storey sind in sechs Monaten zu Musik von Aaron Copland, Maurice Ravel, Johann Strauss, Peter Tschaikowsky u.a. erarbeitet worden. Die Orchester der Sophie-Barat-Schule und der Sankt-Ansgar-Schule begleiten die jungen Tänzer live. An der Koproduktion des BUNDESJUGENDBALLETT und des Kulturforum 21 des Katholischen Schulverbandes Hamburg sind beteiligt: Sophie-Barat-Schule, Sankt-Ansgar-Schule, Niels-Stensen-Gymnasium, Katholische Schule Altona, Katholische Schule Farmsen, Katholische Schule Harburg, Katholische Sophienschule Barmbek, Katholische Schule St. Joseph Wandsbek.

Die US-amerikanische Gruppe MOMIX kommt mit „Botanica – Tanz küsst Fantasie“ Anfang Januar nach Hamburg. Begleitet von Klängen zwischen Vogelzwitschern und Vivaldi zeigen virtuose Tänzer eine Mischung aus „Mummenschanz“ und „Shadowland“ – schwarzes Theater mit Licht- und Schatteneffekten und ein fantasievoller Einsatz von Requisiten verwandeln menschliche Körper in einen blühenden botanischen Kosmos aus Pflanzen- und Tierwelt. Die Show ist in der Halle K 6 von Kampnagel zu sehen, jedoch keine Kampnagel-Veranstaltung.

Zum Kampnagel-Programm gehören hingegen die folgenden Tanz-Gastspiele, für deren Besuch gilt das bereits im September-Rundschreiben angekündigte Angebot: Mitglieder der Ballettfreunde Hamburg e. V. erhalten Karten für 20 Euro in allen Preiskategorien, je nach Verfügbarkeit. Die Kartenbestellung kann über die Kampnagel-Kasse erfolgen, Tel. 040-27 09 49 49 (Mo-Sa 13-19 Uhr) oder per E-Mail an: tickets@kampnagel.de. Die Gewährung des Rabatts erfolgt bei Nennung des Stichwortes „Ballettfreunde“ und gilt für folgende Gastspiele:

  1. Der international renommierte Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui zeigt „Genesis“ vom 23. bis 26.1. jeweils 20 Uhr. Das Stück ist eine Zusammenarbeit seiner Compagnie mit chinesischen Tänzern.
  2. Am 26. und 27. Februar jeweils um 20 Uhr gastiert The Forsythe Company mit „Sider“, darin „entwickeln die exzellenten Tänzer seiner Compagnie ein komplexes Puzzle, inspiriert von der Struktur und Musikalität des Elisabethanischen Theaters und seines Sprachrhythmus‘.“
  3. Ein neuer „Swan Lake“ ist vom 9. bis 12. April zu erleben, choreografiert von Dada Masilo, Choreografin aus Südafrika. Sie „schafft mit ihrem herausragenden Ensemble eine ungewöhnliche Neuinterpretation des Ballettklassikers Schwanensee“, darin bekommt die Polarität von weißem und schwarzem Schwan eine ganz neue Bedeutung.

Die Verleihung der DEUTSCHEN TANZPREISE 2014 wird am 8. März im Essener Aalto Theater stattfinden. Hauptpreisträger ist Bertram Müller, der 35 Jahre lang das „tanzhaus nrw“ in Düsseldorf geleitet und damit Pionierarbeit geleistet hat. Den Tanzpreis ZUKUNFT erhält Demis Volpi, das ist jener junge Choreograf, dem Anwesende am 5. Dezember im Ballettzentrum John Neumeier persönlich (und in diesem Rundschreiben im Text über die Nikolausfeier) begegnet sind. Nina Hümpel, Initiatorin des Internet-Portals „tanznetz“, bekommt den Anerkennungspreis. In der Gala tanzt das Bayerische Staatsballett II (Ivan Liskas Junior-Company) und Mitglieder des Stuttgarter Balletts sowie Solisten der Ballett-Ensembles aus Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Hagen und Mönchen-Gladbach. Fragen/Anmeldungen zur Gala (Karten 35/45/60/80 Euro), dem Diner (ca. 55 Euro) und evtl. Hotelbuchungswünsche (EZ ca. 85 Euro, DZ ca. 110 Euro im Möwenpick) bitte richten an: Förderverein Tanzkunst Deutschland e.V., Hollestraße 1, 45127 Essen oder an Frau Verena Thalemann unter dbft-verband@t-online.de, Tel. 0201-22 88 83, Fax 0201-61 61 61 81.

Die Tanzplattform Deutschland ist das wichtigste Schaufenster der zeitgenössischen Szene. 2014 findet sie vom 27.2. bis 2.3. auf Kampnagel statt und ist offen für Publikum.

[Dagmar Ellen Fischer]


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Letzte Aktualisierung: 24.03.14, [ddd]