Die Begegnung zwischen Nina und Kostja zu Beginn von John Neumeiers im Jahr 2002 uraufgeführtem Ballett „Die Möwe“ gehört zu den schönsten Pas de deux der Tanzwelt.
Woher kommt eigentlich der Titel? „Die Möwe“ ist eine Metapher für Freiheit, wegen ihres weißen Gefieders auch für Unschuld – und damit steht sie stellvertretend für die weibliche Hauptrolle der Nina. In Anton Tschechows Drama wird eine Möwe erschossen, das kann als Vorahnung für Ninas Zerstörung durch Trigorin gedeutet werden.
Ana Torrequebrada verkörpert die zentrale Rolle äußerst berührend. Louis Musin als Kostja ist ihr ein ebenso überzeugender, virtuoser Partner, beide vermitteln ihre unterschiedlich motivierte Entwicklung von unbeschwerter Verliebtheit zu Trauer und Verzweiflung. Anna Laudere ist großartig in ihrer Wandlung von kapriziöser Diva zu sich erniedrigender Liebhaberin, die sich Trigorin zu Füßen wirft. Diesen verkörpert Matias Oberlin mit der nötigen Abgebrühtheit eines Frauen-Verführers. Unbedingt erwähnenswert ist die differenzierte Darstellung von Alexandre Riabko: Er verleiht der nicht allzu großen Rolle des Sorin feinste Nuancen.
[Dagmar Ellen Fischer]