Besser hätte der Start nicht gelingen können: Demis Volpi – John Neumeiers Nachfolger – stellte
seine Pläne für die erste Spielzeit mit dem Hamburg Ballett unter seiner Intendanz vor. Es wird
keinen Bruch geben, sondern einen sanften Übergang von Gewohntem zu Neuem.
Wie groß die Fußstapfen sind, in die er tritt, ist dem künftigen Ballettchef bewusst. Denn eine
solche Situation hat es weltweit noch nie zuvor gegeben: Nach 51 Jahren übergibt ein noch
lebender Choreograf und Ballettdirektor seine Compagnie an einen jüngeren Kollegen! Der sieht
die „Veränderung als Prozess, den er behutsam gestalten“ möchte und behält zunächst acht Werke
Neumeiers im Repertoire, darunter Publikumslieblinge wie „Romeo und Julia“, „Der Nussknacker“
und die „Matthäus-Passion“. Auch des scheidenden Choreografen letztes Werk „Epilog“, das die
diesjährigen Ballett-Tage am 30. Juni 2024 eröffnen wird, steht in der nächsten Saison wieder auf
dem Spielplan. Passend zu jenem Titel überschreibt Demis Volpi seine erste Saison mit „Prolog“.
Erhalten bleiben werden auch die beliebten Ballett-Werkstätten, die Präsentation des
Nachwuchses in der „Werkstatt der Kreativität“ sowie das Spielzeit-Finale mit den Hamburger
Ballett-Tagen samt Schlusspunkt, der Nijinsky-Gala. Dieses traditionelle zweiwöchige Festival
feiert im Sommer 2025 seinen 50. Geburtstag und wartet mit einer besonderen Überraschung
auf: Anlässlich des Jubiläums wird John Neumeier die Nijinsky-Gala noch einmal moderieren!
Sich selbst bringt Demis Volpi erst nach und nach ins Spiel. Zunächst lädt er zu einer Ballett-
Werkstatt am 15. September (weitere folgen am 10.11.24, 2.2. und 25.5.25). Die Eröffnung
übernimmt am 28. September ein vierteiliger Abend mit unterschiedlichen choreografischen
Handschriften: Neben seiner eigenen in „The Thing with Feathers“ sind Werke von Justin Beck
(New York City Ballet), Choreografie-Legende Hans van Manen und Pina Bausch zu sehen – von
letztgenannter Ikone des Tanztheaters wird zum allerersten Mal ein Stück mit dem Hamburg
Ballett einstudiert.
Die Premiere im Dezember gestalten William Forsythe und die Kanadierin Azure Barton, für das
Ensemble des Hamburg Ballett ebenfalls stilistisch völlig neue Erfahrungen. Ein abendfüllendes
Handlungsballett kreiert Demis Volpi dann zur Eröffnung der Ballett-Tage 2025 – bis dahin will er
die Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie besser kennengelernt haben: Um gezielt ein jüngeres
Publikum anzusprechen, verwandelt er die Coming-of-age-Story von „Demian“ nach dem
gleichnamigen Roman von Hermann Hesse in Tanz. Viele Tänzer bleiben nach dem Wechsel –
wenn das kein gutes Zeichen ist!
Dagmar Ellen Fischer