Interview mit Gigi Hyatt am 28.11.2024 im Hotel Baseler Hof

Wie interviewt man wohl jemanden wie Gigi Hyatt, die so viel in ihrer Tänzerkarriere erreicht hat und nun schon seit über elf Jahren die künstlerische Leitung der Ballettschule des Hamburg Ballett innehat, habe ich mich gefragt. Dagmar Ellen Fischer findet beim Interview für die Ballettfreunde Hamburg e. V. die richtigen und sinnvollen Fragen, führt den roten Faden souverän durch den Abend.

So erfahren wir, dass Gigi Hyatt, 1962 in Berlin geboren, dort auch im Alter von sieben Jahren mit dem Ballettunterricht beginnt, inspiriert durch ihre Mutter. Eine familiäre Vorbelastung durch Ballett gab es nicht, wie man eigentlich hätte vermuten können. Das Highlight bei den Ballettstunden: Jeden Dienstag durften die Schüler in den Ballettsälen der Berliner Oper proben, etwas ganz Besonderes. Nach dem Abschluss ihrer Ballettausbildung in München bewarb sie sich in kurzen Briefen schriftlich in Stuttgart, München, Düsseldorf und Hamburg. Ohne Videos, ohne spezielle Fotos, einfach nur eine schriftliche Anfrage. Heute haben es die Absolventen viel schwerer, verrät Gigi Hyatt, denn die Anforderungen an eine aussagekräftige Bewerbung, die zur Einladung zu einem Vortanzen führen soll, sind heutzutage extrem hoch. Aus Hamburg kam die Zusage zuerst, also zog Gigi Hyatt nach Hamburg, wo sie 1983 zur Solistin und 1986 zur ersten Solistin ernannt wurde.

Gleich in ihrer ersten Spielzeit kreierte sie die Rolle der Elaine in John Neumeiers „Artus-Sage“. Wir sprechen dann viel über ihre Kreationen als Desdemona in „Othello“ und Solveig in „Peer Gynt“, beides Rollen, die vor einigen Jahren auch von ihrer Tochter Emilie Mazoń auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper getanzt wurden. Interessantes berichtet Gigi Hyatt zur Kostümgestaltung der Solveig: Sie schrieb handschriftlich Gedichtverse auf das weiße Solveig-Kleid, das dann später so bestickt wurde. Manchmal ahnt man ja gar nicht, welche Geschichte hinter einigen Neumeier-Kostümen steckt, insofern sind solche Erzählungen hochinteressant.

Weitere bedeutende Rollen waren Cinderella, die sie kreierte, die aber in der Premiere Bettina Beckmann übernehmen musste, weil sie sich verletzt hatte. Als Julia in Shakespeares getanztem Drama verliebt sie sich „Knall auf Fall“ in ihren Partner, Janusz Mazoń. Kurz nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Emilie beginnt sie schnell wieder zu tanzen. Der erste Auftritt nach der Baby-Pause ist der Othello-Pas-de-deux im Hotel Atlantic, ein Auftritt vor Sponsoren der Staatsoper. Dennoch merkt Gigi Hyatt, dass der Wunsch, ihre Tochter großzuziehen und für sie da zu sein, größer ist als der, ihre Karriere fortzusetzen, und so gibt sie ihr Engagement in Hamburg auf.

Nach einigen Jahren in den USA kam sie 2013 nach Hamburg zurück und übernahm die künstlerische Leitung der Ballettschule John Neumeier. Noch heute steht sie jeden Tag im Ballettsaal und unterrichtet. Wir hoffen, dass das noch lange so bleibt!

Timm Berkefeld